30. Januar 2024

Beleidigung im Internet – hate speech, Gossip, Recht auf Kritik. Wann ist es eine Straftat? Gibt es Schadenersatz?

In Zeiten wo wir tagtäglich von Informationen und Fehlinformationen („fake news“) durch Nachrichten, Mitteilungen oder „posts“ bzw. „tweets“ oder push Meldungen auf sozialen Medien überflutet werden, ist es nicht leicht, den Überblick zu behalten und nicht selten stellt sich die legitime Frage: wo hört die Meinungsfreiheit auf und wann ist eine Nachricht strafrechtlich relevant?

Italienisches Strafgesetzbuch: 

Art. 594 Beleidigung: Jeder der die Ehre und die Würde einer anwesenden Person verletzt wird mit einer Gefängnisstrafe bis zu 6 Monaten oder einer Geldstrafe bis zu 516 € bestraft.

Dieselbe Strafe trifft jenen der die Tat mittels Telegrafen oder Telefon verübt, oder an eine Person gerichtete Schreiben oder Zeichnungen. 

Die Strafe wird mit bis zu einem Jahr Gefängnis oder einer Geldstrafe bis zu 1032 erhöht, sofern die Verletzung in der Zuschreibung eines Bestimmten Umstandes besteht. 

Die Strafe ist erhöht, sollten mehrere Personen anwesend sein.

(Diese Straftat wurde 2016 entkriminalisiert, d.h. sie stellt keine Straftat mehr dar, wohl aber kann sie zivilrechtliche geahndet werden. Es handelt sich ebenfalls um eine Verwaltungsübertretung, welche mit einer Geldbuße geahndet wird.)

Art 595 Verleumdung: Jeder welcher, außerhalb der Tatbestände des vorangegangenen Artikels und mit mehreren Personen kommunizierend das Ansehen einer Person schädigt, wird mit einer Gefängnisstrafe bis zu einem Jahr oder mit einer Geldstrafe bis zu 1032 € bestraft …

Mit dem Staatsgesetz 547/1993 wurden zwar in Italien eine Reihe neuer Straftatbestände eingeführt, die allgemein als „Computerkriminalität“ eingestuft werden, dies hat jedoch nichts zu der Möglichkeit beigetragen, auch den Straftatbestand der Beleidigung oder Verleumdung, die über Computer- oder informatische Netzwerke begangen werden, zu ahnden.

Die Straftatbestände der Artikel 594 (Beleidigung) und 595 (Verleumdung) des Strafgesetzbuchs sind ausreichend bestimmt aber dennoch allgemein gehalten um auch alle beleidigenden Verhaltensweisen zu umfassen, die über Computernetze und moderne Kommunikationstechniken im Allgemeinen (SMS, Chat, Newsletter usw.) begangen werden.

Die Beleidigung ist eine reines Gefährdungsdelikt, wodurch es nicht notwendig ist, dass die betroffene Person sich effektiv in ihrer Ehre verletzt fühlt.

Der Umstand, ob die Ausdrücke dann als ehrenrührig einzustufen sind oder nicht und nicht bloß Ausdruck schlechten Geschmacks sind, hängt immer vom Zusammenhang ab, den äußeren Umstanden und von der Vorgeschichte. So gibt es bspw. keine Ausdrücke, welche per se ehrenrührig sind und andere die es nicht sind.

Die Entscheidung, ob die strafrechtliche Grenze überschritten wurde oder nicht, trifft das Gericht unter Berücksichtigung aller objektiven und subjektiven Umstände.

Umgekehrt formuliert, kann ein und derselbe Ausdruck in einem gewissen Zusammenhang als ehrenrührig eingestuft werden, in einem anderen nicht.

Der Straftatbestand der Verleumdung ist erfüllt, wenn die Nachricht von Personen wahrgenommen wird, die im Verhältnis zum Handelnden und zur beleidigten Person Dritte sind.

Die Beleidigung im Internet, ganz egal auf welchen Plattformen, ist, im Unterschied zur Verleumdung, immer dann gegeben, wenn die betroffene Person diese Ausdrücke in dem Moment vernimmt, in dem sie geäußert werden und somit sofort auf diese Äußerungen replizieren kann.

im gegenteiligen Fall spricht man von Verleumdung.

Sowohl in einem gesonderten Zivilverfahren oder als Zivilpartei innerhalb eines Strafverfahrens kann die verletzte Person Schadenersatz für die ehrenrührigen Aussagen verlangen.

Beispiele:

Der Ausdruck eine Person sei eine „Null“ oder ein „Nichts“ wurde als ehrenrührig eingestuft.

Der Ausdruck „sie seien nicht imstande ihren Job zu machen“, welcher an Polizeibeamte gerichtet war, wurde nicht als ehrenrührig eingestuft.

Andere, im Italienischen gebräuchlichen Ausdrücke, welche sicherlich an sich ehrenrührig sind wie:

z.B. vaffanculorompere le scatole (ital. Redewendungen, teils unter der Gürtelline, um jemanden zu sagen „geh zum Teufel“ oder „du Nervensäge“) sind als dermaßen häufig im Gebrauch eingestuft worden, so dass sie ihre beleidigende Kraft gleichsam inflationär verloren haben.

Als ehrenrührig wurde der an eine Frau gerichtete Ausdruck, sie sein ein „Fahrschulboot“ mit Andeutung, sie habe in der Vergangenheit viele sexuelle Kontakte gehabt, angesehen.

Als nicht ehrenrührig wurde die Behauptung einer Lokalpolitikerin eingestuft, dass die Gemeindepolitiker, mit vollem Einverständnis des Bürgermeisters, eine illegale Mülldeponie errichten ließen und dies in der Nähe von Tiefbrunnen welche zur Trinkwassernutzung dienen.

Diese Behauptung hat sich als falsch herausgestellt. Trotzdem wurde die Person von der Straftat freigesprochen, da die Behauptungen derart unpräzise und oberflächlich waren, so dass sie laut Gericht einer politischen Auseinandersetzung zwischen konkurrierenden politischen Parteien zuzuordnen seien.

Ein Blogger hat die falsche Nachricht veröffentlich, 2 Rapper seien mit 23 Gramm Kokain im Auto erwischt worden.   

Die Anzeige wegen Verleumdung wurde mit der Begründung abgewiesen, es handle sich wohl um einer Art Satire über 2 Künstler, welche im „Jet Set“ sehr bekannt sind und es sei somit als reiner Gossip einzustufen. Aufgrund des Umstandes, dass die Nachricht sehr allgemein gehalten sei, wäre die strafrechtliche Schwelle nicht überschritten.

So ist die Tendenz erkennbar, dass insbesondere in Bezug auf in der Öffentlichkeit stehende Personen die Schwelle der strafrechtlichen Relevanz sehr weit oben angesiedelt wird, so dass unter dem Deckmantel des Rechts auf Kritik und Satire (wenn auch nicht auf den ersten Blick als solche erkennbar) zumindest strafrechtlich fast alles verziehen wird.

Rechtsanwalt Dr. Thomas Brenner
Rechtsanwalt Dr. Thomas Brenner

hat im Jahre 1998 den Weg in die Selbständigkeit gewählt und hat diesen Schritt bis heute nicht bereut. Freude am Beruf, Eigenständigkeit und die Bereitschaft, neue Wege zu beschreiten haben dazu beigetragen, dass innerhalb kurzer Zeit ein solider Kundenstock aufgebaut werden konnte.

Rechtsanwalt Dr. Thomas Brenner
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hat im Jahre 1998 den Weg in die Selbständigkeit gewählt und hat diesen Schritt bis heute nicht bereut. Freude am Beruf, Eigenständigkeit und die Bereitschaft, neue Wege zu beschreiten haben dazu beigetragen, dass innerhalb kurzer Zeit ein solider Kundenstock aufgebaut werden konnte.